Dienstag, 26. Oktober 2010

Mein erster Tag mit Buggy...

Während die halbe Welt aufschreit, weil ich endlich vernünftig geworden bin und mir einen Buggy gekauft habe, schreie ich auch auf, aber nicht vor Glück... Aber langsam der Reihe nach...
Wer mich kennt, der weiß, dass ich ein begeisterte Trage-Mama bin mit einem (bisher) ebenso tragebegeisterten Sohn. Dieser Sohn - auch Grinsefisch genannt - hat in letzter Zeit keine Lust mehr auf dem Rücken getragen zu werden, vor allem dann nicht, wenn sein Papa mit dabei ist. Er sieht da (für seinen Geschmack) einfach zu wenig - seine Mama hat ja auch noch einen Kopf, der stört natürlich ungemein. Nach einem dahingehend etwas anstrengenden Wochenende:
Tiergartenbesuch. Bei strahlendem Wetter. Kind war krank, was die Lage nicht verbessert hat. In der Manduca auf dem Rücken - keine Chance. Im Sling auf der Hüfte oder am liebsten vorne, am allerliebsten dabei noch stillend - toll!!! Für Mama - doof. Einseitig können auch 8kg - vor allem wenn sie nicht still sitzen, sondern alles zeigen wollen und zu allem hin wollen und eigentlich viel lieber laufen wollen, das aber ja noch nicht können und das sowieso total doof ist, es dann auch noch kalt ist und man verhasste Wintersachen anziehen muss - ganz schön schwer werden.
Wandern am Sonntag. Dito, bloß mit Regenschauern, will heißen Schirm in einer Hand.
...haben wir uns gedacht, dass es so nicht weitergehen kann, wir tragen ja nicht um das Kind unglücklich zu machen. Also das Internet gewälzt, einen "Billig"Buggy für 150€ rausgesucht, zu einem Babyausstatter hier gefahren, dann doch einen teureren für 200€ (im Sonderangebot!!!!) geholt plus "Ausstattung" für 50€ und ein Rutschfortbewegungsmittel, das wird bei besserer Laune noch mal gezeigt, ist noch nicht zusammengebaut... So, dann gestern Abend natürlich keine Lust mehr das Ding auszuprobieren, aber schon festgestellt, dass das mit dem 2. Stock in einer Altbauwohnung schwierig wird mit dem Ding. Unten stehen lassen geht nicht, da 1. kein Platz und 2. Angst vor Diebstahl (da ist die ganze Zeit die Tür offen...) also muss es immer mit rauf und das Kind muss ja auch noch irgendwie mit....
Heute morgen. 2°C. Was ziehen wir dem Kind an? Normalerweise: normale Klamotten, Mütze, evtl. Fleecepullover und Halstuch, Kram zusammen suchen, Tragejacke über uns, meine Schuhe an, raus. Heute: erstmal überlegen, Fußsack ist zuhause, zweite Hose über die Hose gezogen, Halstuch, Winterjacke mit Kapuze und Handschuhen an, Mütze auf, Kind schon am zetern, dick angezogen sein ist nicht sein Lieblingszustand, schnell alles zusammengerafft was wir so brauchen, Handschuhe für mich zum Schieben, Jacke an, Schuhe an, Buggy gepackt, runtergewuchtet, Kind auf der linken Hüfte, Buggy irgendwie unter den rechten Arm geklemmt, Kind zetert weiter, unten endlich angekommen, Kind abgesetzt, Kind hat Tobsuchtanfall, Buggy auseinander, gaaaanz vorsichtig trotz steigenden Adrenalinspiegels, weil vom Ehemann gestern Abend deswegen noch angezählt "du neigst manchmal dazu, wenn Sachen nicht klappen...." jaja, Kind in den Buggy, angeschnallt, Kram in das Netz und in den Korb und in meine Handtasche, Handschuhe an, tief durchatmen, raus.
Aber das waren nicht die einzigen Unterschiede zum Tragen... An der U-Bahn-Station musste ich erstmal den Aufzug suchen, während ich sonst die Treppe nehme, musste noch schnell eine alte Frau mit Rollator auf dem Weg dahin überholen und dann trotzdem noch warten, weil in den Mini-Aufzug genau ein Wagen reinpasst und vor uns schon ein anderer Buggy stand. Endlich unten auf dem Bahnsteig angekommen, kam die U-Bahn. In der ganzen letzten Woche war ich so ziemlich jeden Tag damit unterwegs und jedes Mal mit einer neuen U-Bahn, bei der sich der Einstieg absenkt und eine Rampe über den Schacht schiebt. Heute nicht. Also musste ich Buggy-Legastheniker (ich kann auch keine Einkaufswagen fahren...) das Ding mit Kind über den Schacht wuchten, eingekesselt von rücksichtslosen Menschen. Angekommen am Zielbahnhof, Buggy über den Schacht gewuchtet. Aufzug suchen. Natürlich erstmal in die falsche Richtung gelaufen. Aufzug gefunden. Vor mir zwei Mütter mit Kinderwagen. Das zweite Mal als der Aufzug kam, durften wir auch mitfahren. Also endlich wieder an der Oberfläche. In die Straßenbahn, natürlich musste ich 9 Minuten auf sie warten, weil mir die andere nach der Wartezeit vor der Nase davon fuhr. Den Buggy in die Straßenbahn gewuchtet. Fahrer stand daneben und hat dumm geschaut, das Ding war auch eine alte Straßenbahn, ohne Absenkung... Beim Aussteigen das gleiche, dann ein paar Schwierigkeiten beim Türen aufmachen. Einmal Spaziergang inkl. Mittagsschlaf. Beim Runterstellen der Liegefläche des Buggys mit schlafendem Kind festgestellt, dass das Einkaufsnetz und die Liegefunktion des Buggy nicht kompatibel sind, also alles umgepackt...
Mit der Straßenbahn zurück in die Stadt, der Einstieg war niedriger, beim Aussteigen vor lauter entgegenströmenden einsteigenden rücksichtslosen Menschen vergessen, den Buggy rückwärts aus der Bahn zu wuchten... Kind vorwärts rausgewuchtet, war ja Gott sei Dank angeschnallt, aber etwas verwirrt durch den Abgrund. Mitten in der Stadt. Schwierigkeiten beim Bäcker durch die Tür zu gelangen, beim rausgehen das gleiche. Drei Bratwürste im Brötchen gekauft. Angerempelt worden, nur noch zwei Bratwürste übrig, die hat das Kind gegessen. Suche nach einer Sparkasse, um beim Metzger einkaufen gehen zu können. So ziemlich alle Banken gefunden nur keine Sparkasse. Derweil wurde das Kind angeascht von einer rauchenden Buggyschieberin. WIDERLICH!!!!! In einem Kleidungsgeschäft den Aufzug nicht gefunden, wieder raus. Also dann nach Hause.
An einem der größten U-Bahn-, Straßenbahn- und Bushaltestellen dieser Stadt den einzigen Aufzug zu den beiden U-Bahn-Ebenen gefunden und mich in die Schlange gestellt. Nachdem 3mal meine U-Bahn wegfuhr, der Aufzug 8mal anhielt und nur eine Frau einsteigen konnte, weil der Aufzug schon immer voll mit irgendwelchen Leuten mit Kinderwägen und alten Menschen mit Rollatoren war, ich auf der obersten U-Bahn-Ebene vor dem Aufzug zwei verschleierten Müttern bei einem handgreiflichen Streitgespräch beobachten und belauschen (auf deutsch übrigens...) durfte - die eine hatte die andere geschubst, weil sie vor ihr in den Aufzug wollte, die andere meinte, das wäre ein Mordversuch, weil daneben die U-Bahn fährt und wollte die Polizei holen, der Aufzug blieb derweil dort stehen, neben mir eine Assi-Mutter mittelungsbedürftig war und auf der anderen Seite eine ausländische Mitbürgerin wollte, dass ich erwache, und auch gleich die passende Lektüre parat hatte, entschied ich mich, die 2km nach Hause zu laufen.
Dort schnappte ich mir dann das Kind, die Einkäufe (sonst läßt sich der Buggy nicht zusammenklappen) und den halb zusammengelegten Buggy und wuchtete alles die beiden Stockwerke hoch, was der junge Mann natürlich wieder mit lautstarkem Protest quitierte.
Der Sohnemann fand es, so lange sich der Buggy bewegte, auf jeden Fall toll. Ich werde also Buggy-Mama, zumindest vorläufig. Schließlich ist in dem Alter alles eine Phase...
Und so kuschelbedürftig wie er nach einem ungetragenen Vormittag ist, ist noch nicht aller Tage Abend...

Wenn ich Euch shcon keine neuen kreativen Werke zeigen kann, dann muss ich Euch wenisgtens mit Schachtelsätzen bombadieren....

2 Kommentare:

  1. oha, das klingt nach Stress pur!
    ( Da siehst Du nun, was Dir als Tragemutter so alles entgeht ;-)...)

    Vielleicht solltest Du dieses post mal an die Stadtverwaltung, das Bauamt etc. schicken?? Scheint ja echt verbesserungswürdig zu sein!

    Es lebe das kinderfreundliche Deutschland, jawoll!

    Halt die Ohren steif, da in der Ferne.
    (Übrigens fehlen mir die ausgedehnten Frühstückstreffen... seufz)

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  2. Ja, schon Wahnsinn was man tragend alles verpasst :-)

    So, wie die Mütter da rum standen, kannten die das schon und die Verwaltung wohl auch... Die Rollstuhlfahrerlobby wird das bestimmt auch schon angeprangert haben...

    Ich dachte ja immer, dass mich viele (gerade alte) Menschen nur wegen des Tragens so böse ansehen, ich habe aber gemerkt, die schauen mit Buggy genauso...

    Heute war ich wieder tragend unterwegs. Wunderbar :-) Und natürlich waren die beiden U-Bahnen heute wieder welche mit abgesenktem Einstieg und Rampe über dem Schacht ;-)

    Ohja, die vermisse ich auch sehr!!! Wir müssen uns da bald sowieso was überlegen... :-( Bald geht es ja wieder los...

    So lange ganz liebe Grüße aus der Ferne ;-)
    Anja

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